Samstag, 18. Juni 2016

Jailbreak Teil 3 - Per Anhalter durch Südengland...!?

Es hat wieder eine Weile gedauert, inzwischen bin ich wieder zurück in Deutschland und kämpfe gerade etwas mit dem Reverse Culture Shock, der in meinem Fall viel größer ist als der eigentliche Culture Shock.
Aber wieder zurück zum Thema.
Das heutige Thema ist etwas, das ich eigentlich nie ausprobieren wollte: Per Anhalter fahren. Ich habe mehr als nur gesundes Misstrauen gegenüber allem möglichen in der Welt und vor allem gegenüber Fremden in fremden Autos - das wurde uns als Kindern so eingeimpft und das ist ja auch ganz sinnvoll. Entsprechend wollte ich auch beim Jailbreak eigentlich darauf verzichten, zumal unser Team nur aus zwei jungen Damen bestand ... Das ist zwar einfacher, um Mitfahrgelegenheiten zu finden, aber nicht unbedingt ungefährlich. Überinformiert, wie ich nun mal bin, hatte ich davor allerdings nachgelesen, dass die spontane Mitfahrgelegenheit beim Jailbreak nun mal die erfolgreichste Fortbewegungsmethode ist (außer gesponsorten Flügen. Aber die hatten wir nun mal nicht.)
Und nun standen wir am Bahnhof von Oxford, hatten noch nicht die Dreistigkeit, einfach um Tickets zu betteln und mussten hier irgendwie weg. Die Fernbusfahrer hatten explizit die Anweisung bekommen, niemanden umsonst zu transportieren, um es schwerer zu machen.
Wir hatten nicht den geringsten Plan. Alles, was wir hatten, waren unsere grellorangen T-Shirts über der Regenjacke. Und das reichte für Kurdat.
Kurdat war unser Retter in der Not. Keine besonders große Not, denn wir hatten annähernd gut geschlafen und genug gegessen, was sich in den nächsten Stunden ändern sollte. Aber er rettete uns aus absoluter Planlosigkeit. Ohne Kurdat stünden wir wahrscheinlich heute noch am Bahnhof.
Als Kurdat uns anbot, uns bis zum Kreisverkehr außerhalb von Oxford zu nehmen, sahen wir uns völlig panisch an. Hier war ein Mann mittleren Alters, der uns einfach so anbot, uns an eine Autobahnkreuzung zu fahren. Scary much? Jedenfalls der Zenit aller Don't-Do-Szenarien, vor denen mich meine Eltern zwanzig Jahre lang gewarnt hatten.
Was soll ich sagen... wir folgten Kurdat zu seinem Auto. Die erste Überraschung: Es war ein Taxi.
Zuerst war mir das ein bisschen suspekt, aber nur ungefähr eine Minute lang. Dann fiel uns nämlich auf, dass Taxifahrer ja viel besser überwacht sind als jeder x-beliebige Autofahrer. Als uns Kurdat dann im Auto noch stolz das Babyfoto seiner drei Monate alten Tochter auf seinem Handy zeigte, fiel uns die Zugspitze vom Herzen. Keine Gefahr im Verzug. Im Gegensatz, als meine Mitreisende (hier nenne ich sie einfach mal A) dann auch noch mit ihm über die gemeinsame indische Herkunft plauderte, war der Groschen gefallen und wir verstanden uns blendend mit Kurdat. Er gab uns auch noch vor dem Einsteigen seinen vollen Namen, den Namen seiner Taxifirma und sein Kennzeichen - definitiv ein perfekter Freund und Helfer!
Als wir am Kreisverkehr vor Oxford ausstiegen, waren wir nicht ungefähr fünf Meilen weiter, sondern ich persönlich auch um etliche Vorurteile ärmer und um ein bisschen Grundvertrauen reicher. Beides half uns nicht nur auf unserer Reise, sondern ist wahrscheinlich kostbar für den Rest meines Lebens.
Allerdings half diese Erleuchtung auch nicht wirklich, als wir - wieder völlig planlos - auf dem Kreisverkehr standen.
First things first: wir schrieben Dover auf unser Whiteboard und wanderten dann - immer noch planlos - in Richtung eines riesigen Sainsbury's. Kurdat hatte gesagt, dass hier ein besonders guter Standort für 'Hitchhikers' sei - oder? Oder war es doch die andere Seite der Straße. Wir hatten absolut keine Ahnung und A ging erst mal im Sainsybury's aufs Klo - as I said, first things first.
Als wir wieder herauskamen, hatte es zu allem Überfluss angefangen zu regnen. Wir wanderten wieder herum, versuchten verschiedene Stellen, wedelten mit dem Schild und fingen an zu tanzen. Der Regen wurde immer heftiger.
Und dann kamen Bob und Allison.